Sexueller Missbrauch, emotionaler Missbrauch und Gewalttraumata

Die in diesem Kapitel behandelten Themen sind insofern problematisch, weil Missbrauch und Gewalt wie bei kaum einer anderen Form von Unglück so nachhaltige und schwerwiegende Konsequenzen für die Betroffenen hat. Anders als Krieg und Kathastrophen, die zumeist viele andere Menschen betreffen und von den Betroffenen als „Schicksal“ emotional grundsätzlich zu verarbeiten sind, bedeutet Mißbrauch und Gewalt vor allem die tiefe, fast unauslöschliche Einprägung eines Schuld- und Angstgefühls in der Psyche des Opfers.

Dies bedeutet konkret, das bis zum Abschluss einer erfolgreichen Therapie die Opfer sich in der einen oder anderen Weise mit verantwortlich fühlen für das Geschehene, tiefe Gefühle von Scham und Minderwertigkeit erleiden und in der Regel über viele Jahre nicht imstande sind, über das Erlebte zu sprechen.

Dies gilt in gleichem Maße für Fälle von sexueller Gewalt bei kleinen Kindern (betroffen sind sowohl Mädchen als auch Jungen), wie auch Formen emotionaler Übergriffigkeit oder auch Fälle von singulärer, sexueller Gewalterfahrung, wie bei einer Vergewaltigung, die auch zumeist von Männern ausgeübt wird, die der Frau bekannt, ggf. auch vertraut sind, wie etwa Verwandte, Kollegen und eben auch oft Partner oder Ehemänner.

Problematisch sind diese Themen auch in einem gesellschaftlichen Sinne, denn das Bewusstsein für die Tragweite dieser Verbrechen und die Bereitschaft der Gesellschaft, diese angemessen zu verfolgen und zu bestrafen, sowie den Opfern kompetente Beratung und Behandlungsmöglichekeiten anzubieten, lässt noch sehr zu wünschen übrig.

Infolge dessen sehen sich die Opfer oft allein gelassen in ihrer Suche nach Verständnis und Heilung. Auch professionelle Therapeuten haben nicht selten eine Scheu, sich diesen Themen zu widmen, fühlen sich überfordert und zu wenig ausgebildet. Der Versuch der Opfer, sich innerhalb der Familie mit dem Thema Gehör zu verschaffen führt nicht selten zu sehr destruktiven Auseinandersetzungen, in denen es dem Opfer nachher schlechter geht als zuvor.

Manche Form schwerer Angststörungen, die auch gelegentlich zu einer Karriere in der Psychiatrie führen, haben ihren Ursprung in solchen Traumatisierungen.

In jedem Fall ist es für die Betroffenen wichtig, trotz aller Widrigkeiten nicht die Hoffnung auf Heilung bzw. Besserung aufzugeben. Es gibt geeignete Therapeuten und zunehmend auch mehr und mehr Kliniken nehmen sich dieses Themas an. Auskunft geben u.a. die Landespsychotherapeutenkammern, sowie Selbsthilfegruppen und Informationsangebote im WWW.

Auch schon innerhalb des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversorgung können gute und sehr gute Behandlungserfolge erzielt werden. Wichtig ist vor allem die Überwindung von Angst und Scham, oft verknüpft mit der Angst, die Unterstützung der Familie zu verlieren und die Überwindung des Gefühls der Mitverantwortung für das Geschehene.

Therapieformen, die zur Behandlung in Frage kommen
Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Analytische Therapie (von der Kasse akzeptiert); sowie alle Formen der Humanistischen Psychotherapie wie etwa Gestalttherapie und Gesprächstherapie.

In jedem Fall ist die Voraussetzung für einen guten Behandlungsverlauf eine besonders vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Therapeut sowie Erfahrungen des/der Therapeut/in mit dem Thema. Ein Klinikaufenthalt ist zumeist nicht erforderlich.

Kostenübernahme
Die Krankenkassen, sowohl privat wie gesetzlich, treten in der Regel für die Behandlungskosten ein.
Dauer der Behandlung
Je nach Schwere der Störung kann die Behandlung auch mehrere Jahre dauern.