Heilung sexueller Wunden

von Anette Paffrath

"Warum erlebe ich immer wieder sexuelle Gewalt in meinen Beziehungen", fragt mich Erika, die attraktive Mitdreißigerin, die therapeutische Hilfe sucht, weil sie Angst hat, dass das Muster der sexuellen Gewalt sich auch in ihrer jetzigen Partnerbeziehung wiederholt.

Alle Zeichen sprechen dafür. Durch ständige Kontrolle und häufige Eifersuchtsszenen, durch ihr penetrantes Infragestellen der Liebe ihres Partners hat sie diesen inzwischen so gereizt, dass er ihr deutlich zu verstehen gab, dass er seine Aggressionen ihr gegenüber kaum noch zurückhalten kann. "Aber bevor ich dich schlage, trenne ich mich lieber von dir," hat er ihr gesagt. Jetzt hat Erika große Angst, ihren Partner zu verlieren und sucht Hilfe in der Therapie.

Erika sehnt sich danach, geliebt zu werden. Aber aus ihrer Angst vor Enttäuschung inszeniert sie immer wieder Situationen, in denen sie Männer abwertet und quält, so dass ihre Sehnsucht nicht erfüllt werden kann. Immer wieder suchte sie sich Männer, die auf ihre Kränkungen aggressiv reagierten, sie schlugen und auch vergewaltigten.

Dabei leidet sie selbst unter ihrem Misstrauen und ihrer mangelnden Fähigkeit zu lieben: "Es ist wie ein Zwang. Ich kann einfach nicht glauben, dass die Wärme und Zuneigung, die mir ein Mann entgegenbringt, echt sind." Noch dazu empfindet sie immer wieder den Zwang, alles zerstören zu müssen.

In der Therapie erinnert sich Erika an ihre Kindheit. Seit frühester Kindheit wurde sie von ihrem Vater häufig geschlagen und sexuell missbraucht. Ihre Mutter war berufstätig, und Erika war in den ersten Lebensjahren mit ihrem Vater tagsüber alleine in der Wohnung. Als sie älter wurde, war die Toilette ihr einziger Zufluchtsort - die Tür, die sie vor dem Vater abschließen konnte. Zwischen Vater und Mutter bestand eine Verbindung aus Hass und Verachtung. Für Liebe und Respekt war in dieser Familie kein Platz. Dabei glaubte Erika, die beste und schönste Mutter auf der Welt zu haben. Sie selbst aber fühlte sich als "das hässliche Entlein", und sie dachte: "Wenn ich schön wäre, dann würde meine Mutter mich lieben."

Ihre Mutter aber war nicht in der Lage, dem Kind die notwendige Anerkennung und Liebe zu geben. Sie selbst war voller eigener Minderwertigkeitsgefühle und wertete die Tochter ab, um vor sich selbst bestehen zu können. Sie war voller Hass auf sich selbst und auf das Leben. In einem therapeutischen Rollenspiel spielte Erika, wie ihre Mutter die Tochter sogar dem Vater anbot, nur damit sie ihre Ruhe vor dem Mann hatte, der sie anekelte. Für Erika war diese Erkenntnis eine erschütternde Erfahrung.

Heilender Zorn

Je weiter Erika in ihren Therapieerfahrungen fortschreitet, desto zorniger wird sie. Zornig und wütend auf Vater und Mutter. Sie fühlt sich nicht länger verantwortlich dafür, dass diese beiden Menschen sich hassten. Im Gegenteil, es entsteht bei ihr zunehmend das Gefühl, dass ihre Eltern ungerecht zu ihr waren. Sie selbst hatte nichts weiter getan, als als Kind dieser Eltern auf die Welt zu kommen und sie fühlt sich betrogen, um die Liebe, die ihr als Kind zugestanden hätte.

Diesen Zorn hatte sich Erika vor der Therapie nicht erlaubt. Sie hatte das Gefühl, vor allem ihre Mutter lieben zu müssen. Die Mutter sei doch gut, nur sie selbst sei schlecht. Dafür entlud sich ihr unterdrückter Zorn in ihren späteren Liebesbeziehungen. Wie ein kleines Mädchen forderte sie von ihren Partnern, "die einzige zu sein, die geliebt wird". Wenn ihr Grenzen gesetzt wurden, empfand sie diese als Ablehnung ihrer ganzen Person.

Dieses "kleine Mädchen" bekam in der Therapie viel Raum, all seine Wut zu entladen, den Vater auch mal zu ängstigen und zu quälen und die "schöne Mutter", die von allen bewundert wird, mit Pfeilen zu beschießen. Hinter Erikas Zorn stand der Ruf: "Ich bin da, seht her, ich will da sein, ich will mich nicht länger verstecken".

Als sich ihr Zorn entladen hatte, spürte Erika plötzlich Trauer. Trauer über ihre unerfüllten Wünsche und Bedürfnisse. Sie selbst empfand auch in ihren späteren Beziehungen nach der Kindheit tiefe Liebe. Sie hatte aber Angst, diese Liebe noch einmal zu zeigen und sich dadurch wieder verletzbar zu machen. Erst als sie sich sicher fühlt, als sie weiß, dass diese Liebe zu ihr gehört, dass sie mit dieser Liebe auf die Welt gekommen ist und dass sie heute als erwachsene Frau ihre Liebe auch schützen kann, traut sie sich, diese zu zeigen und sie zu leben.

Liebe und Sex

Erst jetzt ist sie bereit, auch Sexualität als tiefe Verbindung zu empfinden, sich fallen zu lassen, zu genießen. Vorher hatte sie Liebe und Sexualität nicht zusammenbringen können. Wenn sie sich im Liebesakt geöffnet hatte, mußte sie sich anschließend dafür bestrafen. Sie inszenierte dann eine Eifersuchtsszene oder reagierte körperlich mit Blasenschmerzen.

Im Verlauf ihres Heilungsprozesses lernte Erika, Freude und Lebendigkeit als selbstverständlichen Teil ihres Lebens zu sehen. Und das zornige, ängstliche kleine Mädchen, dem Liebe und Respekt versagt worden waren, konnte sich ebenfalls mit der Welt versöhnen. In dem Maße, indem Erika lernte, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und sie sich zu erfüllen oder sie sich erfüllen zu lassen, fühlte sie sich nicht mehr davon bedroht, wenn Menschen, die sie liebte, ihre eigenen Bedürfnisse zeigten. Sie wurde unabhängiger, freier.

Dieser vier Jahre andauernde therapeutische Prozess der Befreiung war allerdings von starken Ängsten und einem sehr großen, schlechtem Gewissen begleitet. Erika hatte immer wieder Angst, ihre Mutter könnte erneut Macht über sie gewinnen. Darf ich auf die Frau, die mich geboren hat, einen solchen Zorn entwickeln? Ist mein Zorn nicht gerade der Beweis dafür, dass ich eine böse Tochter bin? Die Therapie war für sie ein schmerzhafter Prozess. Wie eine zweite Geburt. Diesmal nabelte sie sich selbst ab, durchtrennte die imaginäre Nabelschnur aus Macht und Leiden, die sie bis zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Mutter verbunden hatte.

Jenseits von Schuld

Genau wie Erika stellen sehr viele Menschen, die in ihrer Kindheit seelisch schwer verletzt wurden, die Frage nach dem Warum. In dem Glauben, dass es eine Antwort auf diese Frage gibt, grübeln sie über sich: "Es muß etwas Schlechtes in mir geben, einen Makel, einen Fluch, sonst würde ich doch geliebt werden." eine Antwort auf die Frage Warum finden sie allerdings nicht. Die Antwort auf diese Frage ist am besten wiedergegeben durch Gurdjieffs Satz: "Es ist wie es ist."

Weiterhin ist es nur bedingt sinnvoll, nach Schuldigen zu suchen. Erika drückte es einmal so aus: "Wenn ich schuld bin, dann ist das der Beweis dafür, dass ich schlecht bin" und "wenn die anderen schuldig sind, dann fühle ich mich schlecht, dann habe ich ein schlechtes Gewissen, dann beschmutze ich ja mein eigenes Nest".

Zum Heilungsprozess von Mißbrauchswunden gehört es, die Täter für das, was geschehen ist, verantwortlich zu machen und sie anzuklagen. Erika sagte einmal: "Meine Mutter ist selbst ein kleines Mädchen. Sie ist die Herrscherin, mein Vater ist ihr Diener und ich bin hier Schneewittchen und soll getötet werden, damit sie die Schönste im ganzen Land ist."

Wenn die Betroffenen lernen, die Psychodynamik des Mißbrauches zu verstehen, dann hilft ihnen das, ihre Ohnmachts- und Kleinheitsgefühle zu überwinden. Darin liegt die Chance, sich als Erwachsener noch einmal das Geschehen von damals anzuschauen.

Kontakt mit der Basis

Eine sehr heilende Erfahrung im Verlauf des therapeutischen Prozesses ist es, die eigene Basis wieder spüren zu können: die Energie, mit der ich auf die Welt gekommen bin, mein Ja zum Leben, das ich einmal unabhängig von meinen Eltern getroffen habe.

Es ist für ein Kind eine tiefe Verletzung, wenn es von den Menschen, denen es zunächst vertraut und deren Liebe es benötigt, nicht nur seelisch vernachlässigt, sondern auch noch körperlich benutzt wird. Menschen, die so verletzt wurden, lehnen nicht selten ihr "inneres Kind" ab, weil sie es schmutzig und ekelig finden. Am liebsten möchten sie es in eine Kiste packen und begraben. Leider klappt das aber nicht, weil dieses "innere Kind" sich früher oder später meldet und sein Recht auf Existenz einfordert. Dieses abgelehnte Kind hinterläßt bei den Betroffenen das Gefühl, nicht wirklich ganz zu sein, nicht tief lieben zu können, keinen Platz in der Welt zu haben.

Kontakt zum Körper

Die Beziehung zum eigenen Körper ist teilweise so problematisch, dass viele Betroffene den Kontakt zu ihrem Körper gar nicht zulassen können. Dieser gequälte Körper ist eben alles andere als eine Quelle der Lust und des Wohlbefindens. Er fühlt sich schmutzig an, und er weiß um so viel Schreckliches, dass es gefährlich ist, ihn zu spüren. Wenn die traumatischen Erlebnisse noch nicht integriert sind, erleben viele Menschen z.B. in der Meditation oder im Yoga ein Gefühl von Bodenlosigkeit, Schwindelgefühle, starke Ekelgefühle bis zum Erbrechen, oder sie treten sogar aus dem Körper aus und "stehen neben sich und betrachten sich von außen". Hinter diesen Gefühlen steht die große Angst, von den Gedanken und Bildern überflutet zu werden, ihrer nicht mehr Herr zu werden oder gar ganz den Kontakt zu verlieren und verrückt zu werden.

Angst

Traumatisierte Menschen leiden vor allem unter Angst und Panikgefühlen. Dabei kann die Angst so stark werden, dass der Wunsch entsteht, lieber zu sterben, als die Angst weiterhin spüren zu müssen. Wegen dieser Angst fällt es den Betroffenen sehr schwer, den Kontakt zur Realität und zu ihrem sozialen Netz, zu ihren Freunden, Geschwistern, Bekannten, Verwandten zu halten. Jede Beziehung, alles wird so bedrohlich, dass sie sich isolieren müssen. Manche Missbrauchsopfer beginnen sogar mit zwanghaft auftretenden, selbstschädigenden Handlungen. Zum Beispiel zerkratzen oder zerschneiden sie sich die Haut, um sich über den Schmerz körperlich zu spüren.

Die Angstgefühle dominieren fast alle anderen Gefühle. Wut, Trauer, Freude, Lebendigkeit verschwinden unter der Angst. Dabei ist die erlebte Angst häufig irrational und hat mit der realen Lebenssituation wenig zu tun. Jeder Schritt in Richtung Lebendigkeit ist von tiefen Ängsten begleitet: der Angst zu versagen, der Angst vorm Alleinsein, der Angst, es im Leben doch nicht zu schaffen. Dabei ist es so wichtig, sich durch die Angst nicht abhalten zu lassen, Neues auszuprobieren, denn neue Wege zu gehen, ist immer von Unsicherheit und Angst begleitet. Bei fast allen Menschen. Erst wenn andere, ausgleichende, harmonisierende Erfahrungen da sind, wird die Angst kleiner, nimmt weniger Raum ein, weil erst dann andere Gefühle an ihre Stelle treten.

Respekt und Schutz

Um gefahrlos alte seelische Verletzungen und Wunden betrachten zu können, braucht es einen Raum von Respekt und Schutz. Weil traumatisierte Menschen wenig Gespür für ihre Grenzen haben, überfordern sie sich leicht und wiederholen die alten Verletzungen. Um wieder Kontakt zu ihrer Empfindsamkeit zu bekommen, ist es wichtig, dass diese Menschen die Verbindung zu ihrem verletzten, ängstlichen Kind aufnehmen. Diese Verbindung schützt davor, über die Angst hinwegzugehen und sich erneut zu verletzen. Schon ein ganz vorsichtiger Schritt im Kontakt mit sich selbst kann sehr viel Lebensenergie freisetzen und sehr befreiend sein.

Manchmal fällt es allerdings gar nicht so leicht, das verletzte Kind hervorzuholen und es an die Hand zu nehmen. Erika drückte das so aus: "Ich möchte gerne sein wie alle anderen. Ich möchte lachen, ich möchte mich schön finden, ich möchte sexy sein. Aber wie kann ich das leben, mit diesem Kind? Es ist lästig, es ist eine Bremse!" Die Verletzungen aber nicht anzunehmen, bedeutet, nicht wirklich lebendig zu sein. Die Versöhnung mit sich selbst, schafft die Verbindung mit der eigenen Kreativität und Lebendigkeit.

Der Weg zu mir

Die seelischen und körperlichen Traumen liegen häufig weit zurück. Manchmal geschahen sie auch zu einer Zeit, in der das Kind sich noch nicht sprachlich ausdrücken konnte. In der Aufarbeitung von solchen alten Verletzungen kann es heilsam und sinnvoll sein, an den Ursprung, den Moment der Zeugung, die Schwangerschaft und Geburt zurückzugehen, denn an diesen Punkten kann der Betroffene selbst die Frage stellen: "Was nehme ich an Gefühlen mit, welche Botschaften sind mir in die Wiege gelegt ?"

So machte zum Beispiel Sabine, als sie sich selbst in der Rolle als neugeborenes Babys spielte, eine befreiende Erfahrung. Sabine war noch als 20jährige von ihrem Vater so heftig geschlagen worden, dass sie um ihr Leben fürchtete. Als sie aber ihren Vater spielte, der sie nach ihrer Geburt zum allerersten mal sah, spürte sie in seiner Rolle Angst und Unsicherheit vor dem Säugling. Dieser Rollentausch mit ihrem Vater machte Sabine deutlich, dass er selbst noch ein hilfloser und ängstlicher Junge war. Die neue Erfahrung im Rollenspiel veränderte Sabines Vaterbild völlig. Bisher hatte sie ihn als mächtigen Mann wahrgenommen, gegen den sie sich niemals würde wehren können. Jetzt sah sie seine Unsicherheit, seine eigene Angst vor dem Säugling. Dieses Erlebnis ermutigte Sabine in ihrer Babyrolle, ihre Energie, ihren Zorn aber auch ihre Lust auszudrücken. Es machte ihr großen Spaß, und sie mußte darüber lachen, dass sie sich heute als erwachsene Frau im Leben noch so klein macht, wo sie doch mit so einer Kraft auf die Welt gekommen war.

Diese psychotherapeutische Arbeit gibt dem Klienten die Möglichkeit, sein Lebensskript neu zu schreiben, indem das Ungesagte ausgesprochen und das "Nicht-Getane" nachgeholt wird.

Familie und Tradition

Die Arbeit mit dem Familienstammbaum, dem Genogramm, offenbart häufig, dass Mißbrauch und Gewalt in jeder Generation einer Familie wiederkehren. Wenn traumatisierte Menschen das merken, dann hilft ihnen das, sich nicht mehr alleine zu fühlen. Es gibt da eine Tradition von unerwünschten Kindern, Kindern die gezeugt wurden, um Männer zu halten, Kinder, die herhalten müssen, um aufgestaute Gefühle abzureagieren. Die Arbeit mit dem Genogramm hilft, eine bewußte Entscheidung zu treffen, mit der Tradition zu brechen, die eigene Seele zu heilen und Raum für Liebe und Respekt zu schaffen.

Die Tabuisierung der Sexualität und die Abwertung der Frau in den traditionellen Religionen fördern die Unterdrückung und bietet einen guten Nährboden für Mißbrauch und Gewalt. Es ist heilsam, wenn die sich beschmutzt und schuldig fühlende Frau die Begegnung und den Dialog mit ihrem "inneren Gott" sucht.

Wenn Betroffene ihren inneren Gott spielen, erleben sie in dieser Rolle, dass Gott großzügig ist. Er ist gewährend und verzeiht. Schuldgefühle, Begriffe wie Sünde und Buße sind Konditionierungen und haben nichts mit dem "Göttlichen" zu tun. Sie dienen dazu, den Menschen klein und in Angst zu halten. Heilung bedeutet, sich von diesen alten Konditionierungen zu befreien.

Mit der Verletzung offen umzugehen, sich nicht mehr abzuwerten und zu schämen, ist ein "Ja" zur Liebe und zum Leben. Man löst sich aus der kindlichen Liebe, die an enge Bezugspersonen gebunden ist und Abhängigkeit bedingt. Und in dem Bewußtsein, dass sich das Leben für mich entschieden hat, ist es leichter, den Schmerz zuzulassen und die Gefühle von Verlassenheit noch einmal zu durchleben. über dieses Erleben des Schmerzes entsteht die Verbindung zu dem Seelenteil, der schon damals entschieden hat, "trotz allem" leben zu wollen. Dieser Anteil der Seele ist stark, mutig und fähig, die Verantwortung für das verletzte Kind zu übernehmen.

Ganz werden

Bei der Heilung von Mißbrauch geht es im Wesentlichen darum, die Verbindung zwischen Herzchakra und Basischakra wieder herzustellen. Viele der betroffenen Frauen fühlen sich in der Mitte ihres Körpers geteilt. Sie können mit Männern schlafen und dies als lustvoll erleben, wenn sie diese nicht lieben. Wenn sie aber einen Mann lieben, sind sie von ihren sexuellen Bedürfnissen abgeschnitten. Häufig reagieren sie dann mit körperlichen Schmerzen im Genitalbereich, Pilzinfektionen oder Hautausschlägen. Die Verbindung von Sexualität und Liebe bringt sie in Kontakt mit ihrer Angst vor Ausgeliefertsein und der Angst, sich aufzulösen. Der in der Therapie neu entstandene Kontakt zu ihrem verletzten Kind erleichtert es den Frauen, diese Ängste als Botschaften zu nehmen. Der Dialog mit dem verletzten Kind hilft, die traumatische Situation nicht zu wiederholen und über die Angst hinwegzukommen. Wenn der erwachsene Anteil der Frau die Verbindung hält, Verantwortung und den Schutz für das verletzte Kind übernimmt, dann kann dieses Kind reifen und lernen zu vertrauen bis es so sicher ist, dass tiefe emotionale Begegnungen keine Bedrohung, sondern eine Erweiterung des eigenen Selbst sind.

Spirituell gesehen stellt die Erfahrung misshandelt oder missbraucht zu sein, die betroffenen Menschen vor die Entscheidung, noch einmal ganz bewußt auf ihre Basis, ihre Wurzeln zu schauen und die Verantwortung für sich alleine, ihr Leben, ihre Liebe zu übernehmen. Häufig leiden traumatisierte Menschen unter Abhängigkeiten bzw. Co-Abhängigkeitsmustern, die Ausdruck der Sehnsucht ihres inneren Kindes sind, nicht allein sein zu müssen und dass doch jemand kommt, der es erlöst und den Schmerz lindert. Wenn der Kontakt zur Basis stimmt, können spirituelle Erlebnisse, der Fluß von Herz- und Sexenergie angenommen werden. Dann ist der Boden da, dann können die Verletzungen einfach da sein und "Es ist, wie es ist".